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Alt 06.12.2006, 16:02   #1
Papa-Putu
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Link: http://www.brigitte.de/frauen/gesell...e-ehen-554026/

von der Frauenzeitschrift Brigitte über Bikulturelle Ehen

Was heißt "Ja" auf Finnisch? Auf Arabisch, Chinesisch oder Suaheli? Das romantischste aller Versprechen wird in Deutschland in rund 150 verschiedenen Sprachen gegeben. Bei jeder vierten Ehe, die in Berlin geschlossen wird, kommt einer der Partner nicht aus Deutschland, bundesweit ist bereits jede sechste Ehe binational. Deutsche Männer treten besonders häufig mit Osteuropäerinnen oder Asiatinnen vor den Traualtar, deutsche Frauen bevorzugen Männer aus der Türkei, aus Ex-Jugoslawien oder Afrika. Jenseits solcher Präferenzen herrscht bunte Vielfalt auf dem Heiratsmarkt: Nur wenige Länder der Erde, wie San Marino und Mikronesien, tauchen in der aktuellen deutschen Ehe-Statistik nicht auf.
Parallelgesellschaft, Ausländergetto, Abschottung gegenüber der Sprache und den Werten im Einwanderungsland - die dramatischen Schlagworte haben bei genauer Betrachtung mit der Alltagswirklichkeit wenig zu tun. Integration findet tagtäglich statt, in Millionen Familien. Und allem Gerede vom Kampf der Kulturen zum Trotz geht das erstaunlich oft gut: Binationale Ehen enden nicht häufiger vor dem Scheidungsrichter als deutsch-deutsche Partnerschaften.
Endlich einmal die Normalität und nicht die Probleme des interkulturellen Zusammenlebens aufzuzeigen ist auch das Anliegen einer kleinen Studie, die der Berliner Senat herausgegeben hat*. "Die Erfahrung einer solchen Partnerschaft", so das Resümee der Autorin Edith Kresta, "wird fast immer als Bereicherung empfunden." Weil man einen anderen Kulturkreis, andere Familienverhältnisse kennen gelernt, die Angst vor dem Fremden verloren hat und einfach "anpassungsfähiger und flexibler" geworden ist. Und dies sagen die Paare selbst dann, wenn am Ende eine Trennung steht. In Multikulti-Partnerschaften gebe es häufig einen großen Vorschuss an Leidenschaft, Optimismus und Neugier, erklärt der Anthropologe Professor Gunter Gebauer. Jemanden aus einem ganz anderen Land zu heiraten sei "ein Schritt aus der Normalität heraus". Der Alltag mit seinen Konflikten und Forderungen an die Kompromissfähigkeit, hat Edith Kresta in ihrer Befragung herausgefunden, holt diese Paare dann allerdings genauso schnell ein wie ihre monokulturellen Nachbarn.


Bereits 20 Prozent unserer Bevölkerung, so stellte das Statistische Bundesamt mit der Mikrozensus- Erhebung kürzlich fest, haben Wurzeln in einer anderen Kultur: Neben 7,3 Millionen Ausländern ohne deutschen Pass sind dies weitere 9 Millionen Deutsche mit "Migrationshintergrund". Also beispielsweise Eingebürgerte, Spätaussiedler oder die zweite und dritte Generation der ehemaligen Gastarbeiter. Jedes vierte Kind hat mindestens einen nichtdeutschen Elternteil. Die Familie wird so zur Werkstatt für neue Lebensformen. Und davon können, so Edith Kresta, vor allem die Kinder profitieren: "Weil sie oft mehrere Sprachen beherrschen und ihnen der Wechsel zwischen verschiedenen Kulturen leicht fällt, sind sie besonders fit für die Zukunft." Dies gilt allerdings nicht, wenn die Familie materielle Not leidet - dadurch verkehrt sich der Vorteil schnell ins Gegenteil.
In der eigenen Familie erfahren die Multikulti-Kinder nicht zuletzt etwas über die handfesten Probleme dieser Welt. Denn in der Regel haben ihre Eltern sich in Deutschland kennen gelernt, und Vater oder Mutter hat nicht etwa Fernweh oder Lust auf Exotik zu uns geführt. "An der Statistik der Eheschließungen lassen sich die Kriegsschauplätze dieser Welt ablesen", meint Cornelia Spohn vom iaf ("Verband binationaler Familien und Partnerschaften"). Alleinstehende Männer kommen oft als Flüchtlinge aus den Krisenregionen nach Deutschland; alleinstehende Frauen machen sich vor allem aus Asien und Osteuropa auf die Suche nach einer Lebensperspektive im Westen. Binationale Partnerschaften tragen oft dazu bei, "globale Netzwerke zu knüpfen", erklärt Renate Baum, die als Therapeutin und mit einem Internetforum vor allem Frauen berät, die mit Afrikanern verheiratet sind: "Man leistet viel private Entwicklungshilfe, und das oft für interessantere Projekte, als es die offizielle Entwicklungspolitik tut."
Um dem Verdacht von Scheinehen nachzugehen, wird viel Geld aufgewandt. Völlig unbeachtet und unerforscht ist, wie Millionen Menschen die Völkerverständigung im Alltag gelingt. Würden Familien nicht mehr als Keimzelle des Staates, sondern einer globalisierten Welt betrachtet, ließen sich vermutlich viele Zukunftsfragen lösen.
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