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Alt 06.03.2011, 03:17   #1
Flüsterer
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Flüsterer befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
Bali-/Ubud-Update 2011

Es ist Nyepi und unser diesjähriger zweimonatiger Winteraufenthalt auf Bali geht in vier Tagen zu Ende. Zeit für das versprochene Update, das diesmal ein bisschen grundsätzlicher ausfallen wird als in den Jahren zuvor. Außerdem wird es zumindest für einige Jahre wohl das letzte sein, dazu später mehr.

Über die Entwicklung des Tourismus auf Bali ist in diesem Forum schon viel geschrieben und diskutiert worden. Man überbietet sich vor Ort geradezu mit Erfolgsmeldungen: Immer mehr Gäste strömen auf die Insel. Was man verschweigt: Sie bleiben immer kürzer. Für Bali und seine Bewohner bedeutet das: Immer größerer Raubbau an den Ressourcen vor allem durch ständige Erweiterung der bebauten Fläche an den Küsten und stark zunehmender Individual- und Busausflugsverkehr mit der damit einhergehenden Überlastung der Infrastruktur und Umweltverschmutzung. Diese infrastrukturellen und „natürlichen“ Kosten sind von allen Balinesen zu tragen, während der Gewinn aus dem Tourismus nur wenigen zugutekommt. Zunehmend setzt man nämlich auf zwei Säulen:
1) Kurzreise-Pauschaltourismus aus umliegenden südostasiatischen Ländern, wo Bali sich das Image einer Art Hawaii Asiens erworben zu haben scheint - was, diese Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen, nur deshalb funktioniert, weil die allermeisten dieser Koreaner, Taiwanesen usw. noch nicht auf Hawaii waren.
2. Luxustourismus aus Australien, USA und Europa.
Die Packpacker und Traveller, die bis vor einigen Jahren einen wichtigen Teil der Reisenden stellten, bleiben mehr und mehr aus. Damit sinken gleichzeitig die Einnahmemöglichkeiten kleiner balinesischer Familien-Tourismusbetriebe (Homestays, Warungs, „Transport“). Die meisten neuen Luxushotels und -restaurants gehören Ausländern, die Balinesen zu lokalen Niedriglöhnen beschäftigen und gleichzeitig Preise fordern, die zum Teil über dem europäischen Niveau liegen, zumindest wenn man Preis und Leistung vergleicht.

Damit sind wir beim konkreten angekommen. Wie stellt sich die Situation in Ubud dar - und nur darüber kann ich fundiert etwas sagen, da ich den Rest Balis immer nur kurz besuche. Auf einen Nenner gebracht könnte man sagen: In der Stadt herrscht eine Art Goldgräberstimmung. Wir kommen seit 1990 regelmäßig nach Ubud. Seit sechs Jahren leben wir hier jedes Jahr zwei Monate. Rechnet man alle Aufenthalte zusammen, haben wir insgesamt mehr als zwei Jahr auf der Insel verbracht, 95 % davon in Ubud. Wir lieben diese kleine Stadt und es tut uns weh zu sehen, was hier im Moment passiert.

Schon seit Jahren kollabiert der Verkehr in Ubud in den Mittags und Nachmittagsstunden rund um den Markt. Der Grund: Busse voller Tagesauflügler, die möglichst direkt vor dem Markt aussteigen wollen. Jetzt beginnt dieser Verkehrsstau bereits gegen 10 Uhr und er betrifft keineswegs mehr nur die Jl. Raya, sondern auch die Jl. Peliatan und die Jl. Hanoman bis hinauf zur Petrolstation in Pengosekan. Vor einigen Restaurants, in denen die Tagesgäste ihren Lunch nehmen, etwa das „Bebek Bengil“ und das „The Pond“ stehen fünf bis sechs Busse mit laufendem Motor, damit die Gäste anschließend wieder in einem gut gekühlten Fahrzeug Platz nehmen können. Essen müssen sie und alle anderen halt vorher in dem Dreck, den die Auspuffe dank fehlender oder alter Rußfilter und defekter Dichtungen in die Gegend blasen.
Würde man im Zentrum die Feinstaubbelastung messen, kämen garantiert Werte heraus, die in deutschen Städten ein sofortiges Fahrverbot zur Folge hätten. Hier scheint es niemanden zu stören. Redet man mit Einheimischen, zucken sie nur die Schulter. Dabei wäre das Problem leicht zu lösen: Verbannung des Busverkehrs aus der gesamten Innenstadt. Ubud ist klein und es gibt genügend Parkfläche, von der aus die Gäste zu Fuß alle Punkte erreichen könnte. Dazu kommen wird es allerdings wohl erst am St. Nimmerleinstag. Na ja, ganz untätig war man nicht! Man erhebt eine Parkgebühr von Bussen. Sage und schreibe 10.000 Rp. Die zahlt der Guide gerne aus seiner eigenen Tasche, wenn anschließend das Trinkgeld stimmt.

Was folgt aus dieser Situation für einen Baliurlauber, der ein paar Tage in Ubud verbringen will? Riet ich bis vor ein paar Jahren noch zu einer möglichst zentralen Unterkunft, würde ich heute dringend davon abraten. Tagsüber sollte man die Innenstadt ohnehin meiden, also besser etwas außerhalb wohnen und abends in die Stadt fahren. Als idealer Standort, ruhig und dennoch zentrumsnah (über den öffentlichen Weg durch den Affenwald ist man sogar zu Fuß in zehn Minuten in der Stadt) bietet sich Nyukuning an. Freunde wohnten dieses Jahr im Alam Shanti, das wirklich wunderschön und sehr zu empfehlen ist.

In der Restaurantszene hat sich in den letzten Monaten manches getan. Wir haben einiges ausprobiert und wurden regelmäßig enttäuscht. Das vietnamesische Restaurant über dem Bintang Supermarkt ist genauso wenig empfehlenswert wie das daneben neu eröffnete chinesische Restaurant. Vor dem japanischen Restaurant in Sengingan (Marn Maru oder so ähnlich) sei sogar ausdrücklich gewarnt. Meine Frau bestellte „Beef Teriyaki“ und bekam ein Schweineschnitzel. Als wir das Personal darauf hinwiesen, dass es sich um Schwein und nicht um Rind handele, wurden wir erst dreist belogen, als wir weiter auf Beef beharrten, verstand uns plötzlich niemand mehr.
Es gibt jetzt sogar ein deutsches Restaurant in Ubud mit dem lustigen Namen Wackel. Wir haben auf einen Besuch verzichtet und auch sonst nie einen einzigen Gast darin gesehen. Wird wohl seine Gründe haben.
Generell kann man sagen, dass die Preise in den Restaurants an der Golden Mile (= in fußläufiger Nähe zum Markt) deutlich gestiegen sind. Oft erreichen oder überschreiten sie sogar europäisches Niveau - ohne entsprechende Qualität. Ein Cappuccino und ein kleines Stück Kuchen kosten im Casa Luna rd. 70.000 Rp. - mehr zahle ich auch in meinem Stammcafé in Konstanz nicht. Da bleibe ich doch lieber bei meinem Bali Kopi, für den man am Warung 3000 Rp. bezahlt - na ja, als orang putih vielleicht auch mal 5.000 ;-)

Aber auch manch kleiner Warung hat sich von der Goldgräberstimmung anstecken lassen. Die Chefin unseres Stammlokals in Penestanan (Bubus Warung) hat die Preise um satte 25 % erhöht. Und der im letzten Jahr noch gelobte Warung little India auf der Jl. Hanoman nimmt inzwischen Preise, die sich nicht mehr von denen des schicken indischen Restaurants „Indian Delites“ ein paar hundert Meter weiter unterscheiden. Nur dass man im Warung auf unbequemen Stühlen direkt an der Straße sitzt.

Ansonsten empfehle ich weiterhin die „Klassiker“ der Restaurantszene, die ich in den vergangenen Jahren empfohlen habe. Sie zeichnen sich durch stabile Preise und ebenfalls gleichbleibende Qualität aus.

Ach ja, noch was hat sich in Ubud verändert. Ich habe noch nie in all den Jahren zuvor so viele alleinreisende Frauen in der Stadt gesehen. Vermutlich reisen sie auf den Spuren von Elizbeth Gilberts bzw. ihrem Roman „Eat, Pray, Love“. Viele von ihnen fahren sogar mit dem Fahrrad durch die Stadt, wahrscheinlich suchen sie den idyllischen Weg, auf dem Julia Roberts so anmutig und in wenigen Minuten an eine traumhafte Badebucht radelte und auf dem sie ihrem Latin Lover begegnete. In Ermangelung letzterer dürften sich zumindest die „Ubud Cowboys“ über diese Entwicklung freuen.
Zudem scheint sich Ubud zu einem spirituellen und esoterischen Zentrum zu entwickeln. Sinnsuchende und Durchleuchtete aller Art schweben über die Straßen und bevölkern die immer gleichen Szenecafés und Restaurants mit vegetarischen, veganisch, holististischen oder sonstwie speziell drehenden Speisen. Schon ihre Haltung und Körpersprache macht deutlich, dass sie sich für auserwählt halten und mit dem Rest der Welt, einschließlich der sie bedienenden Balinesen, möglichst wenig zu tun haben wollen.

Wer bis hierhin gelesen hat, ahnt es vermutlich. Dieses Ubud ist nicht mehr unsere Stadt. Und so ziehen auch wir weiter und werden unsere Winterflucht nächstes Jahr nicht auf Bali verbringen. Die Welt ist groß und schön!
Allen, die wirklich Bali erleben und nicht nur Urlaub in einer austauschbaren Tourismusmaschine machen wollen, sei der Osten der Insel empfohlen. Hier kann man noch den Zauber finden, der uns und viele andere so fasziniert.

Zum Schluss als Fazit das Zitat einer Bekannten, die auch seit vielen Jahren Indonesien bereist. Auf der Fahrt zum Flughafen schaute sie aus dem Fenster und sagte resigniert: „Sieh dir diese Zersiedelung und diesen Müll an. Wenn eine Tourismusregion in Europa ihre Umwelt und damit auch ihre Gäste so schlecht behandeln würde, wäre sie schnell weg vom Fenster.“
Möge Bali bald zur Einsicht kommen, damit der Insel und ihren Menschen dieses Schicksal erspart bleibt.
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