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Alt 30.08.2007, 10:32   #1
Papa-Putu
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Giftmord im Flughafen-Cafe

Giftmord im Flughafen-Café

Von Jürgen Kremb, Jakarta
Es war das dramatische Ende eines bewegten Lebens: Vor drei Jahren starb der indonesische Menschenrechtler Munir Thalib an Bord eines Flugzeugs - vergiftet mit Arsen. Der bizarre Prozess gegen den Piloten, der auch Geheimdienstler war, ist ein Zeichen der Abrechnung mit den alten Machthabern.

Jakarta - Im Saal des Bezirksgerichts von Zentral-Jakarta hatte Rockstar Raymond J. J. Latuihamallo, besser bekannt als "Ongen", einen Blackout. Der Mann mit der schwarzen Mähne und sonnengebräuntem Teint wollte sich Ende letzter Woche partout nicht mehr an das erinnern können, was er zuvor dem indonesischen Generalstaatsanwalt und der Polizei erzählt hatte.


REUTERS
Proteste 2005: Indonesische Demonstranten erinnern an den Menschenrechtler Munir Said Thalib, der 2004 auf dem Flug von Jakarta nach Amsterdam vergiftet wurde


"Haben Sie den Menschenrechtsanwalt Munir Said Thalib im Restaurant Coffee-Bean im Flughafen von Singapur gesehen?", wollte der Richter wissen. Und weiter: Am 7. September 2004? Zusammen mit einem Piloten der Fluglinie Garuda Indonesia namens Pollycarpus Budihari Priyanto? Und brachte Pollycarpus gerade zwei Getränke?
Der Rocksänger wollte alles vergessen haben. Zum Glück gab es noch die junge Zeugin Asrini Utami Putri. Sie hatte in Deutschland studiert und war wie "Ongen" auch am 7. September 2004 an Bord des Garuda-Fluges GA-974 gewesen, der von Jakarta über Singapur nach Amsterdam flog. Sie erkannte ihn gleich, denn Munir, damals 38 Jahre alt, war ein Held ihrer Generation.
Der Aktivist hatte viel dazu beigetragen, dass der Diktator Suharto 1998 stürzte, dass Indonesien heute eine Demokratie ist - und dass junge Leute wie Asrini eine freie Presse lesen, ihre Meinung sagen und demonstrieren können, ohne Angst vor dem Militär und dem Geheimdienst haben zu müssen.
Flugkapitän war Spezialagent des Geheimdienstes
Also blieb Asrini bei ihrer Aussage. Ja, Munir habe mit Pollycarpus bei "Coffee Bean" am Tisch gesessen, das habe sie beim Zwischenaufenthalt in Singapur gesehen. Der Flugkapitän - von dem man heute weiß, dass er auch Spezialagent des Geheimdienstes Badan Intelijen Nasional (BIN) war - habe auch zwei Getränke gebracht.
Das könnte entscheidend sein. Denn als Munir zurückkam in die Maschine, brach er bald mit Magenkrämpfen zusammen. Über Rumänien lag der schmächtige Mann mit dem typischen javanischen Oberlippenbärtchen in Decken gehüllt auf dem Boden, in Schweiß gebadet, schon im Todeskampf. Bei der Ankunft in Amsterdam-Schiphol hatte er diesen Kampf verloren.
Wie eine Obduktion durch holländische Gerichtsmediziner später ergab, war Munir an der dreifachen Dosis Arsen gestorben, die ausreichen würde, einen Menschen zu töten. Das Gift, so ließ sich ziemlich genau rekonstruieren, wurde während des Zwischenstopps des Flugs GA-974 in Singapur verabreicht.
Schlecht fürs Geschäft, miserabel für den Ruf
Dass Munir in ständiger Lebensgefahr schwebte, wusste er selbst zu gut. Denn der Anwalt stand der Menschenrechtsorganisation Kontras vor. Kaum war Suharto im Mai 1998 gestürzt, kritisierte Munir immer wieder das indonesischen Militär (TNI) und den Geheimdienst BIN. Beide Organisationen hatten in der "Orde Baru", der "Neuen Ära", wie die Regentschaft Suhartos (1965-1998) genannt wurde, Tausende Menschenrechtsverletzungen begangen. Und Munir drängte, dass sie dafür zur Verantwortung gezogen werden - auch für die Massaker in Osttimor.
Munir wurde ständig bedroht. Mal rammte jemand sein Auto, dann kamen Bombendrohungen mit der Post oder über das Telefon. In den Eliten der 230-Millionen-Einwohner-Nation, die unter Suharto reich und mächtig geworden waren, hatte Munir sich viele Feinde geschaffen. Er war schlecht fürs Geschäft und miserabel für den Ruf.
Aber das Ausland überschüttete den Menschenrechtler mit Preisen. So erreichte er zu Hause erst nach seinem Tod, was er in seinem Leben vergebens versucht hatte. Im Fall Munir musste sich der einst berüchtigte Geheimdienst, der Krake BIN, endlich den Gesetzen stellen.

2. Teil: Ermittlungen im Gewirr von Intrige und Gegen-Intrige, Wahrheit und Fantasie im Fall Munir Thalib


Im November 2004 nahm die Polizei in Jakarta die Ermittlungen gegen die staatliche Fluggesellschaft Garuda auf. Die politische Stimmung im Land hatte sich jetzt radikal gedreht. Mit Susilo Bambang Yudhoyono kam erstmals ein direkt gewählter Präsident an die Macht. Eigentlich galt der Ex-General als Mann Suhartos. Aber er machte den Fall Munir zur Chefsache.
Bald tauchte eine schriftliche Anordnung der Schlapphüte an den Garuda-Präsidenten auf. Dem Manager wurde demnach befohlen, seinen Kapitän Pollycarpus auf eine Maschine mit Munir nach Amsterdam zu setzen. Eigentlich hätte dieser an jenem 7. September 2004 nach Peking fliegen sollen.
War damals schon klar, dass der Angestellte der Airline den prominenten Passagier ermorden sollte? Letztlich wurde das nie geklärt. Vor Gericht behauptete ein vermeintlicher Ex-Agent im Zeugenstand, er habe den Auftrag erhalten, Munir noch vor der Wahl Yudhoyonos aus dem Weg zu schaffen. Sonst bestehe Gefahr für den Ex-Militär. Dann wurde im Prozess ernsthaft erörtert, ob BIN versucht habe, den Anwalt verhexen zu lassen.
Aber die Richter ließen sich nicht beirren. Am 27. März 2006 verurteilte der oberste Gerichtshof Jakartas den Garuda-Flugkapitän Pollycarpus zu 14 Jahren Gefängnis. Aufgrund von Indizien und Zeugenaussagen sahen es die Richter als erwiesen an, dass er Munir im Auftrag des indonesischen Geheimdienstes ermordet hatte.
Aber der posthume Triumph des mutigen Kämpfers Munir über seine Gegner sollte nur von kurzer Dauer sein. Hinter den Kulissen setzte noch einmal ein Machtkampf ein. Die Kräfte der Vergangenheit schlugen zurück.
Verurteilter Pilot kommt überraschend frei
Im Oktober 2006 nimmt das indonesische Höchstgericht das Urteil gegen den Piloten im Sold des Geheimdienstes zurück, zu Weihnachten ist er frei. Mit der Rechten drückt er die Hand seiner Frau, die Linke zum Siegesgruß erhoben, ein Lächeln für die Presse, elegant mit blauem Hemd und weinroter Krawatte gekleidet, verlässt er das Gerichtsgebäude.
Aber was wie ein Sieg des Geheimdienstes über Präsidenten Yudhoyono aussieht, verkehrt sich schnell ins Gegenteil. Im April dieses Jahres nimmt die Generalstaatsanwaltschaft den Garuda-Präsidenten in die Mangel, der den Brief von BIN erhalten hat. Er wird verhaftet. Ihm folgt der Agent, der dem Gericht ein Jahr zuvor die dubiose Hexengeschichte aufgetischt hat.
Seit Anfang August sitzen nun beide auf der Anklagebank. Auch Flugkapitän Pollycarpus ist wieder dabei. Die Staatsanwaltschaft besteht auf einer Neuaufnahmen des Verfahrens und hat es wieder an die unterste Instanz zurückverwiesen.
Die Zeit der alten Ordnung ist abgelaufen
Aber eigentlich wird hier etwas anderes verhandelt. Neun Jahre ist es her, dass Suharto entmachtet wurde. Doch das allmächtige Militär und besonders der Geheimdienst, die den General an der Macht gehalten haben, wurden dafür nie zur Rechenschaft gezogen.
Dieser Prozess im zweiten Stock des Bezirksgerichts von Jakarta soll nun den Vertretern der alten Ordnung zeigen, dass ihre Zeit abgelaufen ist, dass sie nicht mehr Herr über Leben und Tod in Indonesien sind und über den Gesetzen stehen. Es ist genau das, wofür der mutige Menschenrechtler Munir gelebt hat und gestorben ist.

Quelle:Spiegel.de
Link:http://www.spiegel.de/politik/auslan...2493-2,00.html
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