10.03.2006, 13:56 | #1 |
Administrator
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Touristisches "aus" für Bali ?
Kommentar
Ist Bali bald touristisch tot ? Diese Frage muss man sich aufgrund der sinkenden Besucherzahlen ernsthaft stellen. Gegenüber Januar 2005 sanken die Besucherzahlen um 22.210 Personen = 21,78%. Vergleicht man gar mit Januar 2004 sind es sogar 24.231 = 32,58%. Die Folgen sind unabsehbar. Hotelbetriebe - in Prinzip jeder wirtschaftlich handelnde Geschäftsbetrieb - haben einen so genannten Break-Even-Point (das ist betriebswirtschaft gesehen der Punkt, an dem laufende Einnahmen die Ausgaben decken) von ca. 70% Auslastung. Erst dann wird Geld verdient. Die tatsächliche Auslastung beträgt derzeit keine 50% mehr. Das führt zwangsläufig zu Entlassungen von Personal, Einschränkungen der Services etc.. Die ohnehin sehr hohe Arbeitslosigkeit in Bali nimmt ungeahnte Formen an. Viele Familien, die bislang ohnehin schon am Existenzminimum herumkrauchten (bedingt durch die Mindestlohnvorgaben des indonesischen Staates) werden nunmehr in die absolute Armut verfallen. Letztendlich sind davon alle betroffen: die Balinesen selbst und die noch wenigen Touristen, die Bali besuchen. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang die ungetrübte Bauwut von Hotelkonzernen. In der Hoffnung auf bessere Zeiten expandiert man vor dem Hintergrund und der Tolerierung der Tatsache, dass man mit jedem zusätzlich geschaffenen Bett größere Verluste einfährt. Dieses Risiko wird bewusst eingegangen. Es sei denn, die verantwortlichen Manager sind der Mathematik nicht mächtig. Davon sollte man aber nicht ausgehen. Bali ist den mächtigen Herrn in Jakarta ohnehin seit Jahren ein Dorn im Auge. Die schon länger anhaltenden Bemühungen Balis um mehr Autonomität waren hier sicherlich nicht förderlich. Nun scheint man geeignete Wege gefunden zu haben, diese aufmüpfige Provinz in die Knie zu zwingen. Vom Touristenboom im Bali lebten ganze Wirtschaftszweige. Angefangen bei den Hotels selbst über Tour-Guides, Souvenirverkäufer, die fahrende Zunft (Taxis etc.), Kaufhausketten bis hin zu Spezialbetrieben wie z.B. deutsche Bäckereien, Metzgereien und z.B. einem Betrieb wie es Cocos betreibt. Der Touristik-Bereich deckte rd. 90% des balinesischen Arbeitsmarktes ab. Ein dt. Bekannter von mir, als Tour-Guide in Bali über 10 Jahre tätig, gibt auf und kehrt zurück nach Deutschland. Wer heute über keine beständige Stammkundschaft verfügt, geht unweigerlich unter. Es wäre vermessen zu glauben, innerhalb kürzester Zeit könnten neue Wirtschaftsmaßnahmen auch nur annähernd den Verlust an Arbeitsplätzen ausgleichen. Zudem scheint es in Jakarta an der nötigen Motivation zu fehlen, dem notleidenden Bali zu helfen, solange man den Widerstand nicht gebrochen hat. Man muss sich konkret die Frage stellen, inwieweit die veröffentlichten Besucherzahlen noch der Realität entsprechen, oder zur Vermeidung eines Aufstandes beschönigt werden, um so die Bevölkerung in einer Fiktion ruhig zu halten. Wird die Krise in Bali also bewusst durch Jakarta toleriert, gar gestützt ? Hier wäre jetzt der Punkt erreicht, an dem die Terroristen der Jahre 2002/2005 triumphieren könnten. Das Ziel ist erreicht. Und Jakarta schaut tatenlos zu, lässt gar eine große Kultur und Religion "aushungern". Bali war und ist ein wesentlicher Stützpfeiler des Staates Indonesien. Und zwar in zweierlei Hinsicht: Als Wirtschafts- und als Steuereinnahmenfaktor. Bali diente dem Völkerbund sowohl zur Verbesserung des Bekanntheitsgrades als auch der Steuereinnahmen. Nachdem Indonesien Jahrzehnte von dieser wirtschaftlich blühenden Provinz partizipiert hat ist es nun an der Zeit, das in Not geratene System in Bali zu stützen. Dabei gilt es insbesondere, religiöse Gebundenheit außer Acht zu lassen, und Fanatismus in die Schranken zu weisen. Toleranz ? die dem Islam leider in vielen Teilen der Welt fehlt ? ist jetzt das Zauberwort. Die balinesische Provinzregierung hingegen ist gut beraten, wenn sie ihre kulturell und religiös bedingte Zurückhaltung aufgibt, und nun Forderungen in Jakarta stellt. Für Höflichkeiten und Floskeln ist die Zeit abgelaufen. ?Sanfter? Tourismus muss von Bali erst erlernt werden. Bislang standen alle Zeichen auf Wachstum und Förderung. Aber um diesen Übergang zu schaffen, bedarf es eines langen Zeitraumes. Ich für meine Person werde meine wirtschaftlichen Interessen in Indonesien gründlich überdenken müssen. Das ist die betriebswirtschaftliche Konsequenz aus der derzeitigen Entwicklung. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Grüße Gregor
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